Festival Blog - Tag 6


Halbzeit beim Festival „Musica S.“. Das bedeutete heute aber nicht etwa Pause, sondern einen der längsten und abenteuerlichsten Abende der Festivalwoche: „Concert in the dark“ im Heinz-Nixdorf-Museumsforum. Das Prinzip brauche ich wahrscheinlich nicht zu erklären, dazu war hier auf der Seite und in den Zeitungen genug zu lesen. Wie hat es sich aber nun angefühlt, mit einer Schlafmaske im Museum zu sitzen ohne zu wissen, wo wir gerade sind, wo die Musiker gerade sind, was eigentlich gespielt wird? Concert in the dark gab es vor zwei Jahren schonmal bei Musica S., damals in der Kaiserpfalz (und im Gegensatz zum Konzert im Liegen, das ich zwei Tage später gehört habe, hat es mich damals überhaupt nicht besonders beeindruckt). Der zweite Versuch heute hat sich aber auf jeden Fall gelohnt, der Ortswechsel tat dem Konzept gut, denn das Museum selbst, die Exponate der Ausstellung wurden mit einbezogen und zum Klingen gebracht, wir hören von irgendwoher Geräusche von einem mechanischen Webstuhl, einem alten Grammophon, der großen Telephonanlage…

 

Aber macht es für meine Wahrnehmung jetzt wirklich einen Unterschied, ob ich im klassischen Konzert zwischendurch die Augen schließe (und das machen wir wahrscheinlich alle), oder ob ich eine Schlafmaske trage? Ich weiß es nicht, und aus dem Bauch heraus würde ich es eher bezweifeln. Ich habe einen Unterschied heute vor allem am Beginn und am Ende des Konzertes gespürt: Zu dem, was das Musikhören im Konzert ausmacht, gehört auch der besondere Rahmen, die bewusste Setzung, aus dem Alltag herauszugehen in einen Kunst-Raum. Und dieser rite de passage wird hier natürlich geradezu zelebriert, mit dem langen Warten vor den Aufzügen, dem Aufsetzen der Schlafmaske, dann werden wir in Gruppen, den Vordermann an den Schultern fassend in der Polonaise von sehr lieben, aufmerksamen Hilfskräften einen relativ langen Weg zu den Plätzen geführt, orientierungslos und voller Spannung kommt man da schon ganz anders an als man unten ins Museum hinein gekommen ist. Und am Ende des Konzertes ist es nach eineinhalb oder zwei Stunden ohne Sicht noch schwerer als sonst, aus sich selbst wieder herauszukommen in die Welt da draußen, vorsichtig ein Bisschen verkniffen blinzelnd, denn hinter den Schlafmasken war das Museum, was man leicht vergisst, ja die ganze Zeit hell erleuchtet.